Digitale und teildigitale Lernkonzepte haben gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie nochmal an Bedeutung gewonnen. Blended Learning ist ein solches Konzept: Es soll E-Learning und Lernen in Präsenz zusammenführen und dabei das Beste aus beiden Welten kombinieren. Aber wie funktioniert das genau – und wie könnte ein Blended-Learning-Konzept am Ende aussehen?
Seit Jahren schon möchten Schulen, Universitäten, Unternehmen und andere Organisationen das Lernen digitalisieren. Bisweilen klappt das auch, manchmal besser und manchmal leider auch schlechter – aber so muss das nicht sein. Blended Learning, auch als integriertes Lernen bezeichnet, soll die Vorteile zweier Welten vereinen und gleichzeitig deren Nachteile beseitigen. Wir möchten uns näher anschauen, was es mit diesem didaktischen Konzept auf sich hat.
Was bedeutet Blended Learning?
Blended Learning soll zwei Lernwelten zusammenführen, um daraus ein effektives und verschlanktes didaktisches Konzept zu machen, in dem jeder in seinem eigenen Tempo lernen kann und damit erfolgreich ist – im besten Fall sogar erfolgreicher als beim ‚klassischen‘ Lernen. Um die Besonderheiten des Blended Learnings herauszustellen, müssen wir uns erst einmal ansehen, welche beiden Welten hier zusammengebracht werden sollen.
Präsenzlernen
Präsenzlernen beschreibt eine Form des Lernens, bei der sich Lernende und Lehrende von Angesicht zu Angesicht entgegentreten. Die Gruppenkonstellation ist dabei erst einmal zu vernachlässigen: Sowohl die klassische Nachhilfestunde mit einem Lehrer und einem Nachhilfeschüler als auch eine Vorlesung im Hörsaal oder eine berufliche Weiterbildung in einem Tagungszentrum zählen zum Präsenzlernen.
E-Learning
Unter E-Learning, also dem elektronische Lernen, können grundsätzlich alle didaktischen Konzepte gefasst werden, bei denen digitale Medien zur Hilfe genommen werden. Meistens ist damit allerdings das ortsungebundene Online-Lernen gemeint, bei dem Lernende und Lehrende sich nicht am gleichen Ort befinden. In vielen Fällen sitzt sogar jeder einzelne Teilnehmer des E-Learnings gerade bei sich zuhause.
Blended Learning
Blended Learning (gemischtes Lernen) soll gemäß seinem Namen diese beiden Formen der Wissensvermittlung und -aneignung zusammenführen. Wie genau die digitalen und nicht-digitalen Elemente dabei miteinander verzahnt werden, um eine hybride Lernumgebung aufzubauen, ist nicht festgelegt. Allerdings kann eine ‚unsaubere‘ Zusammenführung der beiden Welten unter Umständen dazu führen, dass sich der erhoffte, verbesserte Lernerfolg nicht einstellt.
Welche Vorteile bietet Blended Learning?
Da es das Beste aus zwei Welten zusammenbringen soll, bietet ein hybrides Lernkonzept natürlich entsprechend viele Vorteile:
1. Flexibles Lernen
Das orts- und zeitenunabhängige Lernen, wie es mit E-Learning möglich ist, zählt auch zu den wichtigsten Vorteilen des Blended Learnings. Alles, was es braucht, sind ein Endgerät, eine Internetverbindung sowie natürlich Konzentration und der Wille, etwas Neues zu lernen – so kann sich jeder in seiner eigenen Geschwindigkeit Wissen aneignen, wann und wo es ihm oder ihr passt.
2. Praktisches Arbeiten
Hier beginnen wir bereits mit der Zusammenführung der Vorteile zweier Welten: Die praktische Erprobung und Umsetzung des Erlernten – etwas, das vielen Lernenden beim E-Learning fehlt – ist mit einem Blended-Learning-Konzept nicht nur möglich, sondern erwünscht. So wird das Erlernte tatsächlich erlebbar.
3. Geringerer Kosten- und Zeitaufwand
Meistens gibt es beim Blended Learning mehr digitale Lerneinheiten als Treffen in persona. Das führt zu geringeren Kosten- und Zeitaufwänden, weil die Lernenden nicht mehr so häufig an einem bestimmten Ort erscheinen müssen.
4. Multimodales und multimediales Training
Blended Learning gilt als besonders aktivierend, weil es multimodal stattfindet: Passive, digitale Inhalte wie Grafiken und Videos werden mit interaktiven digitalen Inhalten, Gruppenarbeitsphasen, praktischen Tests und Übungen und natürlich der Face-to-Face-Interaktion mit dem Lehrenden verbunden. Zusätzlich dazu können die Lernenden ihre Fähigkeiten im Umgang mit für ihre Tätigkeit relevanten Programmen und anderen digitalen Lösungen trainieren.
5. Verfolgung und Auswertung individueller Lernstände
Ein klarer Vorteil für die Lehrenden, der bereits aus dem E-Learning bekannt ist: Über interaktives Feedback, Tests und Reportings erhalten die Lehrenden einen Einblick in den individuellen Lernstand der Lernenden. Ausgiebige Datenerhebungen können Schwächen und Stärken der Lernenden dabei besonders genau ermitteln und darstellen.
Gibt es mögliche Nachteile beim Blended Learning?
Die Welt ist nicht perfekt – und so ist es auch mit dem Konzept des Blended Learnings. Die möglichen Nachteile beim Blended Learning sind aber glücklicherweise überschaubar. Unserer Erfahrung nach sind dies die wahrscheinlichsten Schwachstellen:
1. Es ist nicht so wenig Arbeit, wie man vielleicht denkt
Dieser Punkt ist gewissermaßen eine Erweiterung eines Negativ-Aspekts des E-Learnings: Viele Menschen sind der Auffassung, dass elektronisches Lernen, die Unterstützung durch digitale Medien und der größere persönliche Freiraum, beispielsweise bei der zeitlichen Planung, gleichzeitig auch bedeuten, dass E-Learning oder Blended Learning weniger Arbeit bedeuten als das Präsenzlernen. Tatsächlich wird der Arbeits- und Zeitaufwand jedoch häufig als sehr ähnlich zum reinen Präsenzlernen beschrieben – diesen Punkt sollte man also nicht unterschätzen.2. Technische Probleme sind nicht auszuschließen
So gut und zuverlässig unsere technischen Hilfsmittel inzwischen auch funktionieren: Es ist nicht auszuschließen, dass einzelne Teilnehmer mit technischen Probleme wie bspw. einem Internetausfall zu kämpfen haben. Dank mobiler Hotspots oder Gratis-WLAN in Bibliotheken sind solche Probleme aber meist schnell zu beheben.
3. Die Teilnehmer müssen ihre Technologie-Berührungsängste überwinden
Gerade in der Erwachsenenbildung, beispielsweise bei beruflichen Fortbildungen, gibt es immer mal wieder Teilnehmer, die angesichts der verwendeten Technologien mit Berührungsängsten zu kämpfen haben. Diese Berührungsängste sollten freilich überwunden werden, um den besten Lernerfolg zu erzielen. Wenn Sie das Gefühl haben, dass elektronisches Lernen Ihnen etwas schwerer fällt als Präsenzlernen, ist das ganz normal. Warum das so ist – und was Sie gegen dieses Gefühl tun können – erfahren Sie in unserem Beitrag zum Thema: "Zoom, Teams & Skype: Frisst Videotelefonie mein Potenzial?".
Wie könnte ein Blended-Learning-Konzept in der Anwendung aussehen?
Hybride Lernkonzepte sind naturgemäß extrem vielfältige – je nach Thema, Gruppengröße und -heterogenität, technischer Ausstattung und anderen Faktoren sollte das Konzept entsprechend angepasst werden.
Vorstellbar wäre zum Beispiel folgendes Konzept aus dem Bereich der beruflichen Fortbildung: Die (digitale) Selbstlernzeit der Teilnehmer kann mit dem ton-, bild- und videogestützten Erlernen von Software, Theorien und dergleichen mehr ausgefüllt werden. Die Lernenden erhalten dazu Zugang zu einem ‚digitalen Klassenzimmer‘, einer Lernplattform oder einer vergleichbaren Online-Lösung, auf der das Material abgelegt, angeschaut und eventuell bearbeitet werden kann.
In den Präsenzrunden, die in regel- oder unregelmäßigen Abständen erfolgen können, fällt der beim reinen Präsenzlernen erforderliche Vortrag des Lehrenden dafür weg. Der Lehrende tritt in den Präsenzrunden dann viel eher als Coach denn als Lehrer auf, kann etwaige Fragen beantworten, Feinheiten erklären, inhaltlich tiefer auf bestimmte Punkte eingehen, Zeit für projektgestützte (Gruppen-)Arbeit einräumen und so weiter. Somit begleitet der Lehrende seine Schüler vielmehr beim selbst erlernen, als sie häppchenweise mit neuem Wissen zu füttern.
Fazit
Blended Learning ist ein didaktisches Konzept, das die Vorteile von Präsenzlernen und E-Learning möglichst sinnvoll zusammenführen soll. Ist das dahinterstehende didaktische Konzept entsprechend ausgefeilt, kann Blended Learning das auch tatsächlich erreichen: Mehr Flexibilität für die Lernenden, multimediales und multimodales Lernen im Verbund mit dem praktischen Einsatz des Erlernten, reduzierter Zeit- und Kostenaufwand dank wegfallender Reisekosten und -zeiten sowie die einfache Verfolgung und Auswertung individueller Lernstände sind nur einige der entstehenden Vorteile.
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