Online Marketing, Kommunikation, Kundendialog

Customer Journeys im Online Marketing

Wenn potenzielle Kunden schon auf eine Reise gehen, dann doch am liebsten auf eine, die zu Ihnen führt. Das ist in etwa das Ziel hinter der Entwicklung der optimalen Customer Journey im Inbound Marketing. Aber wie läuft diese Reise genau ab? Und muss der Kunde dafür durch einen Trichter – oder befindet er sich in einem Kreislauf? In diesem Beitrag gehen wir auf die Suche nach dem Idealbild der Customer Journey, erörtern, an welchen Touchpoints Sie Ihre Leads abholen können – und was ToFu mit der ganzen Sache zu tun hat.

Inbound Marketing ist ein Schlüsselbegriff im Online Marketing. Ziel dieser Methode ist es, vereinfacht ausgedrückt, vom Kunden gefunden zu werden statt sich ihm vor die Nase zu setzen. Gänzlich ohne Selbstinszenierung schafft ein Unternehmen das freilich nicht – dann aber bitte subtil, mit Understatement, spürbarer Expertise und einem klaren Mehrwert für den Kunden.

Voraussetzung für diese Umkehr klassischer Erwartungshaltungen: Möglichen Käufern die Informationen bereitstellen, die sie suchen – und zwar in bester Qualität. Eine der Herausforderungen dabei ist es, Käufer dort anzutreffen, wo sie die Informationen suchen. Sprich: Leads an den richtigen Touchpoints abzuholen. Aber fangen wir weiter vorne an.

 

Die Inbound-Methode und das Flywheel-Modell

 

Kerngedanke des Inbound Marketings ist es, potenzielle Kunden durch relevante, hilfreiche und spannende Inhalte auf Ihr Unternehmen als Lösungsanbieter aufmerksam zu machen. Dabei versucht man, über den gesamten AIDA-Prozess (Attention, Interest, Desire und Action) mit dem Kunden immer wieder in Kontakt zu treten, gerne auch plattformübergreifend, von Landingpage oder Blog über Newsletter, Social Media und Co. bis hin zur Conversion, also dem Kauf eines Produkts oder einer Dienstleistung. Während man im klassischen Outbound Marketing aktiv auf potenzielle Kunden zugeht, um diese auf ein Unternehmen aufmerksam zu machen, geht es beim Inbound Marketing vor allem um Inhalte und Lösungen, die dem Kunden auf den einzelnen Stationen seiner Reise (= Customer Journey) begegnen und dabei die Art von Expertise bieten, die er sucht und braucht.

Um die so entstehende Customer Journey präziser abbilden zu können, hat man das ACCRA-Modell als Analogon zum AIDA-Modell erdacht: Aus Attention, Interest, Desire und Action wird:

  • Awareness (Bewusstsein)
  • Consideration (Abwägung)
  • Conversion (Umsetzung)
  • Retention (Aufrechterhaltung) und
  • Advocacy (Fürsprache).

Die Elemente Retention und Advocacy verbiegen das lineare AIDA-Modell zum Kreis einer nicht endenden Reise, wie sie im Inbound Flywheel dargestellt wird:


Quelle: Hubspot

Das Flywheel-Modell zeigt: Durch Anziehung und Interaktion werden aus Unbekannten potenzielle Kunden (Leads). Interaktion und Begeisterung machen aus Leads waschechte Kunden – die dank ihrer Begeisterung zu Fürsprechern (Testimonials) werden können, die wiederum neue Unbekannte anziehen, die einst zu Leads werden, und so weiter.

Anziehung und Interaktion sollten Hand in Hand gehen. Basierend auf den Interessen und Absichten Ihrer Zielgruppe sollten Sie diesen genau die Inhalte anbieten, die sie benötigen. Bespielen Sie Ihre Leads mit artverwandten, relevanten Themen, beispielsweise über einen Newsletter. An der Schnittstelle zwischen Interaktion und Begeisterung wird der Lead zum Kunden – damit dieser sich letztlich auch begeistern lässt, sollten Ihre Produkte oder Services natürlich auch die gemachten Versprechen einlösen können. Nach einiger Zeit gewinnt Ihr Flywheel zusehends an Schwung – organisch, dank der in das Rad investierten Energie.

Die Touchpoints einer Customer Journey sind teils analog, teils auch über den gesamten Prozess hinweg digital. Analoge Touchpoints sind klassische Anzeigen und physische Werbung, im Hinblick auf das kommunikative Element jedoch vor allem auch Live-Promo auf Messen, Samplings sowie Testimonials im Bekanntenkreis. Die Leadgenerierung erfolgt über smart platzierte, digitale Inhalte, die gut gefunden werden können. Die Suchmaschinenoptimierung also keinesfalls hintenanstellen, denn sehr oft beginnt die Customer Journey bei Google.

 

Alles dreht sich? Stellen Sie sich einen Trichter vor!

 

Neben der patenten Darstellung als Kreislauf stellt man die Customer Journey gerne auch als Trichter dar, als sogenannten Sales Funnel oder Verkaufstrichter. Dieser Sales Funnel ist ein wichtiges Hilfsmittel für die Entwicklung Ihrer Content-Strategie.

 

ToFu – der obere Teil des Sales Funnels

Weit oben im Trichter (ToFu, Top of the Funnel) sprechen Sie eine breite Masse an Interessenten an, mit dem Ziel, möglichst viel Traffic zu erzeugen – ein gewisses Maß an Streuverlusten wird hingenommen. Bieten Sie interessierten Fremden informative, suchmaschinenoptimierte Inhalte zu den Themen, die sie gerade suchen, landen diese dann auf Ihrer Website. Die meisten Leads sind hier oben im Trichter noch relativ weit von einer Kaufentscheidung entfernt. Diejenigen, die sich im späteren Verlauf ihrer Reise tatsächlich für einen Kauf entscheiden, schließen auf dem Weg dorthin unpassende Marken bzw. Unternehmen aus ihren Überlegungen aus und nehmen nur einige wenige Anbieter in ihre engere Auswahl, bis sie sich letztlich für einen Anbieter entscheiden – deshalb auch die Trichterform.

 

MoFu – Auf dem Weg vom Lead zum Kunden

Der Mitte des Trichters (MoFu, Middle of the Funnel) nähern Sie sich, indem Sie über informativen, zielgruppengerechten Content Glaubwürdigkeit aufbauen. Diese Glaubwürdigkeit hilft Ihnen dann dabei, den Leads zu vermitteln, dass Ihre Produkt- oder Servicelösung die richtige für ihren aktuellen Bedarf oder ihr aktuelles Problem ist.

 

BoFu – Die Reise ist noch nicht zu Ende

Wünschenswert ist, dass irgendwo in der Mitte des Funnels der Groschen beim Lead fällt und dieser eine Kaufentscheidung trifft. Wir befinden uns dann am BoFu, dem Bottom of the Funnel. Hier sollten Sie die Möglichkeit ergreifen, über bestimmte Impulse den eventuell noch abwartenden Kunden zum Kauf zu bewegen. Diese Impulse könnten beispielsweise Rabatte und Sonderangebote, Testimonials oder eine direkte, persönliche Kontaktaufnahme mit dem Kunden sein.

Mit dem Inbound Flywheel im Hinterkopf sollte das Ende des Trichters jedoch bestenfalls nicht das Ende Ihrer Beziehung zum Kunden sein: Indem Sie den Kunden weiter mit relevanten Inhalten bespielen, unterstreichen Sie die Nützlichkeit oder Vielseitigkeit ihres Angebots. Guter After-Sales-Service bindet Kunden an ihr Unternehmen und macht sie zu Advocates, also Markenbotschaftern, die letztlich Energie ins Flywheel einbringen können.

 

Sind moderne Customer Journeys noch trichterförmig?

 

Mit dem bewährten Sales Funnel lässt sich die Customer Journey zwar leicht verständlich abbilden – aber ist das recht starre, lineare Schema auch noch zeitgemäß in einer Welt, in der fast alles andere flexibel ist?

Nicht unbedingt, meint zumindest Google: Der Internetgigant erklärt, dass das Modell laut aktuellen Clickstream-Daten nicht mehr wirklich in die heutige Zeit passt. Vielmehr seien Customer Journeys oft so individuell, dass keine zwei Reisen genau gleich sind und dass die meisten Wege auch keinem Trichter mehr ähneln, sondern Pyramiden, Diamanten, Sanduhren und weiteren Formen. Der Weg zur Kaufentscheidung wird immer komplizierter und letztlich werde die Kaufentscheidung in der „Messy Middle“ der Customer Journey getroffen. Mögliche Kunden oszillieren hier zwischen der Erforschung eines Themengebietes und der Bewertung der Lösungsangebote, sie erforschen weiter, bewerten neu, nehmen neue Lösungsanbieter hinzu, schmeißen sie dann doch wieder raus – das alles in einem Prozess, der bei einem Kunden vielleicht nur eine Stunde dauern mag, sich bei einem anderen Kunden hingegen über Wochen hinzieht.

Das bedeutet nicht, dass der lineare Vertriebsprozess ein Relikt der Vergangenheit ist – er existiert immer noch. Unternehmen sollten sich jedoch unbedingt vor Augen halten, dass ein so linearer Prozess nur ein Teil des Ganzen sein kann. Im besten Fall greifen viele dieser Prozesse ineinander und bilden so ein komplexeres Ökosystem ohne klar definierten Anfang, Mitte und Ende.

 

So könnte eine Customer Journey aussehen

 

Mit einem konkreten Beispielszenario können wir die Customer Journey greifbarer machen. Weil es thematisch so schön passt, verwenden wir das Inbound-Marketing-Tool HubSpot als Beispiel.

 

Die zugrundeliegende Situation:

Sie starten in Ihre Urlaubsplanung für das kommende Jahr. Schon lange wünschen Sie und Ihre Familie sich einen Trip nach Norwegen. Was ist aber die beste Unterkunft, Anreise, etc. mit zwei Kindern und einem Hund? Und wie bleibt der Urlaub trotzdem noch bezahlbar?

 

Awareness-Phase:

Google-Suche: "Urlaub Kinder und Hund in Norwegen"
Touchpoint: Blogbeitrag zum Thema "Günstige Reiseoptionen in Skandinavien"
Ziele – Kunde: Informationen sammeln
Ziele – Unternehmen: Bekanntheit steigern; Vertrauen aufbauen
KPI: Anzahl Website-Besucher; Absprungrate

Eine Wohnmobilreise klingt interessant und lässt auch zu, dass man viel erleben kann.

Google-Suche: "Ist eine Wohnmobilreise das Richtige für einen Urlaub mit Kindern und Hund?"
Touchpoint: Blogbeitrag zum Thema "Hundewohnmobile als Option zur Reise mit Familie und Vierbeiner" + CTA für einen Newsletter zum Thema
Ziele – Kunde: Informationen sammeln: Kann ich in jedem Wohnmobil einen Hund mitnehmen? Was muss ich beachten, wenn ich mit Hund in Skandinavien unterwegs bin?
Ziele – Unternehmen: Vertrauen aufbauen; Positionierung als Experte zum Thema
KPI: Anzahl Website-Besucher; Absprungrate; Newsletter-Anmeldungen

 

Consideration-Phase:

Das Thema ist tatsächlich interessant und "WuffiOnTour GmbH" scheint Experte zu sein – wir verfolgen den Newsletter, um zu sehen, was das Unternehmen noch für uns bereithält.

Touchpoint: Newsletter
Ziele – Kunde: Informationen sammeln: Was macht ein Hundewohnmobil besonders?Was kostet so ein Hundewohnmobil?
Welche Modelle/ Größen bietet WuffiOnTour
Ziele – Unternehmen: Vertrauen aufbauen; Positionierung als Experte; Lead zum Kauf bewegen (Nurturing)
KPI: Öffnungsrate Newsletter; Absprungrate Newsletter; Klicks auf weitere Blogbeitrage/ Website

 

Conversion/Purchase-Phase:

Wir vergleichen verschiedene Hundewohnmobil-Anbieter. Da wir bei WuffiOnTour schon den Newsletter sehr informativ fanden, haben wir hier das beste Gefühl und fragen ein Hundewohnmobil zum Wunschzeitraum an. Zufällig gibt es hier gerade einen Frühbucher-Rabatt, den wir im Newsletter gesehen haben.

Touchpoint: Newsletter; Website
Ziele – Kunde: Kaufentscheidung: WuffiOnTour GmbH hat ein freies Fahrzeug in unserem Wunschzeitraum und wir bekommen auch noch einen Frühbucher-Rabatt.
Ziele – Unternehmen: Conversion
KPI: Öffnungsrate der Rabatt-Mail; Klickrate des CTA; Anzahl Anfragen; Anzahl Buchungen

 

Retention/Advocacy-Phase:

Nach unserem Urlaub werden wir von WuffiOnTour gefragt, wie es uns gefallen hat und ob wir sie weiterempfehlen würden.

Touchpoint: Newsletter; evtl. Landingpage
Ziele – Kunde: Optimierung/Feedback: Wir hatten einen schönen Urlaub, geben aber noch das Feedback, dass der Prozess bei
Rückgabe des Wohnmobils nach dem Urlaub noch flüssiger hätte laufen können. Trotzdem würden wir
nochmal buchen
Ziele – Unternehmen: Optimierung des Produkts; Kunden halten und zum Testimonial machen
KPI: Klickrate der Bewertungs-Mail; Anzahl an Feedback

 

Advocacy-Phase:

Gespräch mit unserer Arbeitskollegin nach dem Urlaub. Wir schwärmen nicht nur von Fjorden, sondern auch vom praktischen Hundewohnmobil.

Touchpoint: Wir selbst als Testimonial
Ziele – Kunde: Guter Rat für die Kollegin, die zufällig auch einen Hund besitzt

Ziele – Unternehmen: Kunden zu Markenbotschaftern machen
KPI: Weiterempfehlungsquote mittels Rabattcode

 

Klingt interessant! Und wie komme ich an neue Leads?

 

Das ist eine gute Frage – und umso schöner wäre es, wenn man sie so einfach beantworten könnte. Letztlich sind die richtige Methode, Sprache und Kanäle entscheidend für das Sammeln neuer Leads, abhängig vom jeweiligen Produkt oder Service.

Um Ihren Corporate Purpose nicht zu untergraben, können Sie bei der Entwicklung Ihrer Customer Journey allerdings ein Schema zur Hilfe nehmen:

  1. Ermitteln oder definieren Sie Ihre Zielgruppe.
  2. Ausgehend von dieser Zielgruppe oder dem Wunschkunden können Sie eine beispielhafte Persona erarbeiten.
  3. Die Persona gibt den Kommunikationsstil, die zu präferierenden Kommunikationskanäle und die Art des Contents vor. Nun können Sie Content entlang der Customer Journey gemäß der Problemstellungen der Persona(s) erstellen. Halten Sie sich dabei unbedingt vor Augen, dass Ihr Content dem Nutzer klaren Mehrwert bieten sollte – zum Beispiel, indem Sie die Fragen des Nutzers beantworten. Schließlich muss der Text dem Leser schmecken – und nicht unbedingt dem Ersteller.
  4. Mit dem Kommunikationsstil, den Kanälen und dem so erstellten, vielseitigen Content können Sie nun damit beginnen, Leads zu sammeln. An die Kontaktdaten Ihrer potenziellen Kunden kommen Sie im Austausch für besonders hochwertige Content-Formate wie beispielsweise Whitepaper, Videoseminare, Beratungsangebote und mehr. Tools wie HubSpot unterstützen Sie dabei, die Leads im Anschluss zu qualifizieren, zu kategorisieren und ihnen passenden Content zu unterbreiten. So schicken Sie die Leads auf die Reise.

Fazit: Viele Wege führen zu Ihrem Unternehmen!

 

Viele Wege führen nach Rom – und mindestens genauso viele Wege führen Leads entlang der Customer Journey zu einem bestimmten Unternehmen. Tools wie HubSpot und die zahlreichen Wettbewerber können dabei eine wertvolle Unterstützung sein, sind jedoch kein Muss.

Die Frage nach der idealen Customer Journey ist stark abhängig davon, was verkauft werden soll und wen man damit ansprechen möchte. Dennoch gibt es aufschlussreiche Modelle, die das altbekannte AIDA-Prinzip in die interaktivere, weit verzweigte Welt des Online Marketings heben. Dazu zählen beispielsweise das ACCRA-Modell, Visualisierungen des Sales Funnels und das Inbound Flywheel.

Viele Entscheider haben Schwierigkeiten damit, sich vorzustellen, wie Inbound Marketing in ihrem konkreten Fall gestaltet sein könnte. Sie sind sich dann unsicher, wie die Entscheidungsfindung Ihrer Kunden abläuft oder welche Zielgruppen konkret relevant sind, was oft mehr als verständlich ist – Stichwort Betriebsblindheit.

Wir haben was dagegen: Im halbtägigen Grundlagenseminar der GBS zum Thema Inbound Marketing lernen Sie alle Basics kennen, die Sie benötigen, um erfolgreich im Inbound Marketing zu starten.

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