Kaufentscheidungen, Arbeitgeberwahl und Performance im Unternehmen hängen auch immer mehr von nicht-monetären, ‚softeren‘ Faktoren ab. Dabei fällt vor allem ein Begriff immer wieder: Der Purpose, also der sinnstiftende Daseinszweck des Unternehmens. Doch was verstehen wir unter Purpose eigentlich genau? Wie kann gesellschaftliche Relevanz die Performance eines Unternehmens verbessern – und wie grenzt man den Purpose von nachgelagerten, verwandten Aspekten wie Unternehmensleitbild, Mission und Vision ab? Wir werfen einen Blick auf Zahlen, Daten, Fakten und die Geschichte des Begriffs.
Purpose oder die Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit sind in der modernen Arbeitskultur wichtiger denn je. Zumindest fühlt es sich so an, wenn man allenthalben mit diesen Begriffen konfrontiert wird.
Aber ist Purpose einfach nur ein Buzzword oder steckt mehr dahinter? Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Unternehmen mit einem starken Purpose haben erwiesenermaßen eine bessere Performance, eine höhere Rentabilität und ein stärkeres Wachstum. Was steckt dahinter? Fangen wir vorne an.
Was versteht man unter einem Corporate Purpose?
Es kann sein, dass der Autor der Meinung ist, einen schönen Text verfasst zu haben, in dem alles aus seiner Sicht Wichtige enthalten ist – mit schönen Formulierungen, auf die er stolz ist. Es kann sogar sein, dass er dafür Lob von Vorgesetzten und Kolleg:innen erhält. Das sagt aber noch wenig darüber aus, ob es sich im Sinne des Marketings um zielgruppenorientiertes Texten handelt.
Der Corporate Purpose – also der Unternehmenszweck – ist nicht erst seit gestern ein Thema. Schon vor fast 100 Jahren thematisierte der Organisationstheoretiker und zweiter Dekan der Harvard Business School, Wallace B. Donham die Relevanz der Sinnfindung in Unternehmen und Organisationen.
Der Purpose-Begriff, mit dem wir uns in diesem Artikel auseinandersetzen möchten, wurde jedoch in seiner heutigen Form vor allem von Autor und Berater Simon Sinek geprägt, der 2009 ein vielbeachtetes Buch zum Thema veröffentlichte und einen TED Talk gab, der bis heute zu den meistgesehenen TED Talks überhaupt zählt. In dieser Präsentation fordert Sinek Unternehmen dazu auf, mit dem Warum statt mit dem Was anzufangen. Am Beispiel von Apple erklärt Sinek, dass die meisten Unternehmen mit dem Was anfangen und allenfalls noch das Wie beantworten können – während das Warum, also der größere Sinnzusammenhang, fast überhaupt keine Beachtung mehr erfährt. Ein jeder Mitarbeiter jedes Unternehmens könne demnach die Frage beantworten, was sein Unternehmen herstellt. Manche Menschen können laut Sinek noch das Wie beantworten, aber nur sehr wenige Menschen und Organisationen kennen ihr Warum. Damit ist nicht das Erwirtschaften von Gewinnen gemeint – die Gewinne sind vielmehr ein Resultat des Warums.
Wieso pusht der Corporate Purpose die Marke?
Der Technologie-Riese Apple ist Sinek zufolge so erfolgreich und beliebt, weil der Konzern nicht nur sein Warum kennt, sondern sogar damit angefangen habe:
- Warum existiert Ihre Organisation? – „Bei allem, was wir tun, glauben wir daran, den Status quo in Frage zu stellen. Wir glauben daran, Dinge anders zu denken.“
- Wie macht Ihre Organisation das? – „Indem wir unsere Produkte wunderschön designen und benutzerfreundlich machen.“
- Was macht Ihre Organisation? – „Wir stellen großartige Computer her.“
Das Was ist laut Sinek schon fast ein zweitrangiger Gedanke – schließlich verkauft Apple nicht nur mit Erfolg Computer und Macbooks, sondern eben auch Smartphones, Zubehör und (eine Zeit lang) MP3-Player. Im Wesentlichen heißt das: Menschen kaufen nicht, was Sie herstellen – Sie kaufen Ihr Warum.
Dabei hat das Purpose-Prinzip nicht nur Einfluss auf die Verkaufszahlen des Unternehmens. Sinnstiftende oder über Sinn verfügende Arbeit...
- ... steigert die Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung,
- steigert die Mitarbeitermotivation,
- vereinfacht das Recruiting, vor allem jüngerer Generationen
- und zahlt auf Image und Marke ein.
Sie gehören zu den Menschen, die lieber aktiv werden als lesen? Dann ist das GBS-Seminar zum Thema „Purpose“ wahrscheinlich genau das Richtige für Sie: Wir zeigen Ihnen, wie Sie mit einer authentischen, Purpose-getriebenen Marke die Basis für Ihr Wachstum schaffen.
Zahlen, Daten, Fakten: Das kann der Unternehmenszweck erreichen
Die Vermutung liegt nahe, dass der Corporate Purpose ein sehr softer Faktor ist – ein Faktor, der sich im Controlling, in KPIs und harten Zahlen nicht sonderlich deutlich niederschlägt. Dabei stimmt das nicht: Studien und Untersuchungen zeigen, dass Unternehmen mit einem starken Purpose besser performen, rentabler arbeiten und schneller wachsen.
Eine Studie von Strategy&, dem Strategie-Ableger von PwC, konnte zeigen, dass 65 Prozent der Mitarbeitenden der Unternehmen, die sich darüber im Klaren sind, wie sie einen Mehrwert für ihre Kunden schaffen, mit Leidenschaft bei der Arbeit sind. In Unternehmen, die sich darüber nicht im Klaren sind, waren es lediglich 32 Prozent der Mitarbeiter. Der gleiche Effekt stellt sich bei der Motivation (63 vs. 35 %), der Zufriedenheit (53 vs. 23 %) und dem Stolz (67 vs. 30 %) der Mitarbeitenden ein.
Eine Untersuchung von Kienbaum zeigt, dass 67 Prozent der befragten Unternehmen eine positive Veränderung der Gesamtperformance der Organisation feststellen, seit ein klarer Purpose eingeführt wurde. 62 Prozent der befragten Unternehmen stellten eine verbesserte Quote bei der Neukundengewinnung fest, 57 Prozent eine verbesserte Vertriebsleistung und ganze 64 Prozent eine verbesserte Produktivität.
Die Zahlen lassen also vor allem einen Rückschluss zu: Purpose ist kein Buzzword, sondern businessrelevant. Gleichzeitig sagen jedoch nur 34 Prozent derer, die laut eigener Aussage das Purpose-Statement ihrer Organisation kennen, dass sie eine klare Abgrenzung zwischen Purpose, Mission und Vision erkennen. 40 Prozent verneinen diese Abgrenzung, weitere 26 Prozent sind sich unsicher. Dem Begriff Purpose mangelt es also an Trennschärfe – dabei sind die drei Begriffe durchaus voneinander zu unterscheiden.
Wie finde und implementiere ich den Corporate Purpose?
Um einen noblen, inspirierenden und motivierenden Corporate Purpose für die eigene Organisation zu definieren und zu implementieren, sollte die Abgrenzung zwischen Purpose, Mission und Vision klar sein. Dabei kann die folgende Tabelle hilfreich sein:
Purpose |
Mission |
Vision |
|
Inhalt |
Existenzberechtigung und Sinn der Organisation im grrößeren gesellschaftlichen Zusammenhang |
Geschäftsaktivitäten, Services und Produkte im engeren Sinne |
Zukünftige Position und Ziele |
Adressaten |
Alle Stakeholder der Organisation |
Mitarbeitende (eventuell auch Partner) |
Kunden |
Scope |
Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; intern und extern |
Gegenwart und (greifbare) Zukunft; intern |
Zukunft; vorrangig extern |
Da der Corporate Purpose sehr individuell sein sollte – und dies bei entsprechender Entwicklung und Implementierung automatisch auch ist –, gibt es kein allgemeingültiges Rezept zum Finden des Unternehmenszwecks.
Es gibt allerdings ein paar Fragen, die Sie sich selbst und Ihren Mitarbeitenden stellen können, um der Antwort näher zu kommen:
-
Was braucht die Welt?
Welche (bestenfalls unerfüllten) Bedürfnisse gibt es in der Gesellschaft? Wie wird es die Gesellschaft verändern, wenn diese Bedürfnisse gestillt werden? -
Wofür begeistern sich meine Mitarbeitenden?
Was treibt die Mitarbeitenden der Organisation an? Was wollen sie in der Welt bewirken bzw. verändern? Holen Sie sich Feedback bei Ihren Mitarbeitenden ein! -
Was kann mein Unternehmen besonders gut?
Was sind die Vorteile des Unternehmens, die bestimmte Bedürfnisse befriedigen können oder sie besser befriedigen können als andere Organisationen? Oder: Wie muss die Organisation sich entwickeln, um diese Bedürfnisse besser stillen zu können als andere? -
Wie kann mein Unternehmen Wertschöpfung betreiben?
Welche Geschäftsfelder und -tätigkeiten ergeben sich aus diesen Überlegungen? Wie attraktiv sind die potenziellen Gewinne?
Das aus diesen Überlegungen resultierende Corporate Purpose Statement sollte bedeutsam, kraftvoll und inspirierend sein, vor allem jedoch authentisch. Authentizität ist sogar das oberste Credo, nicht nur als Führungskraft, sondern auch als Unternehmen – eine Organisation kann Ihren Sinn und Zweck nur dort wirklich entwickeln, implementieren und kommunizieren, wo er authentisch ist. Haltung wird schließlich nicht angekündigt, sondern sie kommt von innen heraus: Sie ist. Haben Sie dabei auch keine Angst vor einem Richtungswechsel, denn das kann für manche Unternehmen genau das Richtige sein: So werden Sie alten Ballast los, entwickeln neue Denkmuster und vergrößern Ihren Wirkungsraum – Stichwort: Die lernende Organisation.
Sollten Sie feststellen, dass Sie sich damit schwer tun, einen wirklich authentischen Purpose zu entwickeln, ist es in den meisten Fällen sogar besser, zunächst auf ein Purpose Statement zu verzichten, statt Kredibilität zu verspielen – in solchen Fällen sind wir Ihnen jedoch gern behilflich dabei, für Ihr Unternehmen einen klaren und glaubwürdigen Purpose sowie strategisch passende Mission und Vision Statements zu entwickeln.
Fazit: Die Unternehmenskultur ist businessrelevant!
Ja, das Thema Corporate Purpose kann schwierig zu erfassen sein – aber eine authentische, sinnhafte und widerstandsfähige Unternehmenskultur kann jede Menge für Ihr Business tun: Die Strahlkraft eines übergeordneten Unternehmenszwecks kann sich ganz deutlich bei Kunden, Partnern, aktuellen und zukünftigen Mitarbeitern bemerkbar machen – wie die Zahlen aus einigen Studien bereits belegen.
Wenn Sie gerne tiefer in die Thematik einsteigen möchten und konkrete, praktische Tipps benötigen, haben wir da was für Sie: In unserem Seminar zum Thema Coporate Purpose geben wir Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Instrumente, die Ihnen bei der Entwicklung und Implementierung eines Corporate Purpose helfen. So schaffen Sie eine starke, zukunftsfähige Unternehmenskultur, mit der Sie auf allen Seiten für Begeisterung sorgen.