Employer Branding, Ausbildung, Fachkräftemangel

New Work Trends – Eine Arbeitswelt im Wandel

Es gibt einen deutlich wahrnehmbaren Wandel in der Arbeitswelt – dieser wird vor allem durch die Digitalisierung und das Internet of Things (IoT) angetrieben, aber damit einhergehend auch von veränderten Erwartungen alteingesessener Arbeitnehmer und vielversprechender Newcomer aus der Generation Z. Als ‚New Work‘ bezeichnet man diesen strukturellen Wandel zusammenfassend. Dabei bleiben aber häufig Fragen offen: Was ist New Work denn genau? Woher kommt der Begriff? Und wie mache ich mein Unternehmen bereit für diese neue Art des Arbeitens?

Für viele Arbeitnehmer gibt es sie schon nicht mehr, die Lebens-Dichotomie, den einen Teil ‚Arbeit‘ und den anderen Teil ihres Lebens, der selbigem Sinn verleiht. Auch Arbeit soll bitte sinngebend sein! Und wenn das nicht geht, dann soll Arbeit den Raum geben, der nötig ist, um Sinn zu finden. So könnte man ganz gut umschreiben, was es mit New Work auf sich hat. New Work umschreibt aber nicht nur den Wandel in den Erwartungshaltungen, sondern vor allem den strukturellen Wandel, den diese veränderten Anforderungen und Bedürfnisse mit sich bringen. New Work – das umfasst neue Mindsets, neue Arbeitsplätze, neue Formen der Kooperation, neue Arbeitsmethoden und nicht zuletzt auch eine neue Art der Führung, New Leadership.

Mit diesem Beitrag wollen wir Antworten auf die Fragen finden, was das für Unternehmen bedeutet, wie Unternehmen und Entscheider mit dem Thema umgehen sollten, wie man New Work im eigenen Unternehmen umsetzt – und wieso das überhaupt sinnvoll ist. Starten wir chronologisch, bei der Erfindung der Bezeichnung New Work.

 

New Work: Woher kommt der Begriff?

Mehr Flexibilität, mehr Mitspracherecht, mehr Handlungs- und Entscheidungsfreiraum bei weniger Hierarchie – so zeitgemäß uns die Anforderungen an New Work auch vorkommen mögen: Den Begriff gibt es schon seit einer Weile. Er geht zurück auf den österreichisch-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann, der den Begriff Ende der 1970er Jahre einführte.

Bergmanns Wortneuschöpfung geht auf die Beobachtung zurück, dass seit Beginn der industriellen Revolution Arbeit vor allem darin besteht, Aufgaben nacheinander abzuarbeiten – beispielsweise bei produzierenden Tätigkeiten. Der Mensch übernimmt in dieser Konstellation gewissermaßen die Rolle eines Werkzeugs, er ist das Mittel (Arbeitskraft) zum Zweck (Verrichtung von Aufgaben bzw. Arbeit). Bergmann schloss sich Anfang der 1980er Jahre mit Arbeitslosen in der US-amerikanischen Automobilindustrie zusammen, um nach einem Konzept zu suchen, diesen von vielen Arbeitern als unwürdig und sinnlos empfundenen Zustand zu überwinden. Das Ergebnis: Ein Gegenentwurf zur zweckgebundenen Lohnarbeit – eine Arbeit, die die Menschen, wie Bergmann es beschreibt, „wirklich, wirklich wollen“. In Bergmanns Gegenentwurf ist der Mensch nicht mehr Mittel zum Zweck, sondern die Arbeit ist das Mittel zum Zweck für den Arbeiter, der sich mithilfe seiner Arbeit selbst verwirklichen kann.

 

Bergmanns New-Work-Begriff fußt auf drei Säulen

Die ‚neue Arbeit‘ sollte sich Frithjof Bergmann zufolge in drei Säulen aufteilen, die je 1/3 der Arbeitszeit einnehmen: Die Lohnarbeit, das Calling, also die sinnstiftende Berufung jedes Arbeitnehmers („Arbeit, die du wirklich, wirklich willst“) sowie die Eigenarbeit, also die Herstellung von Dingen, die man selbst braucht. Zentrale Begriffe dieses Gegenentwurfs sind Freiheit, Selbstständigkeit, Erfüllung und Sinnstiftung.

 

Wie kann man New Work in einem modernen Unternehmen umsetzen?

Das, was heute unter New Work verstanden wird, ist ein Arbeitskonzept, das an Bergmanns Ideen angelehnt ist. Zum Konzept New Work zählt man generell Bestrebungen, die eine möglichst flexible Arbeits- und Lebensgestaltung und ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit ermöglichen. Zu diesen Bestrebungen gehören beispielsweise auch die Option auf Homeoffice, Gleitzeitmodelle, Sabbaticals und Coworking-Architekturen – sprich orts- und zeitunabhängige Arbeit im Sinne der Arbeit 4.0.

Wenn ein Unternehmen New Work aber wirklich leben und vorleben will, zählen dazu sicherlich noch weitere Angebote und Strukturen innerhalb des Unternehmens. Die wohl wichtigsten sind folgende:

 

1. New Leadership

Ob man nun der Meinung ist, dass Unternehmenskultur ‚von oben herab‘ vorgelebt wird oder sich‚ von der Basis nach oben‘ etablieren muss: New Work ist ohne New Leadership, also eine neue Form der Führung, kaum zu realisieren. Das Konzept New Work fußt auf Eigenverantwortlichkeit und Freiheit der Arbeitnehmer, auf flache Hierarchien und Gestaltungsfreiraum. Bedeutet: Klassische, starre und autoritäre Führungskonzepte, die womöglich in bestimmten Branchen und Unternehmen noch ihre Bewandtnis haben, gehen mit New Work kaum zusammen.

 

2. Neue Arbeitsmethoden

Ein Manager, der den kommunikativen und prozeduralen Flaschenhals für mehrere Teams darstellt – für solche Arbeitsmethoden ist bei der neuen Arbeit nicht viel Platz. Teil einer eigenverantwortlichen und agilen Arbeitsweise ist die Möglichkeit, flexibel Projektteams zusammenzustellen und diese bei Bedarf und/oder nach Abschluss eines Projekts auch wieder neu zu gruppieren, erweitern, verkleinern. Entscheidungskompetenzen sollten soweit irgend möglich auf die Projektteams oder Projektmanager übertragen werden, das bisherige Management nimmt stattdessen eine beratende und beobachtende Position ein.


3. Eine neue Art, zu lernen

Um neue Arbeitsmethoden unter einer neuen Art der Führung umzusetzen, bedarf es einer entsprechenden Lern- und Fehlerkultur. New-Work-Konzepte sind daher oftmals eine grundlegende Umstrukturierung der Arbeitsabläufe und Rollenerwartungen. Sie führen zu einem sich verändernden Selbstverständnis der Mitarbeiter, was auch so gewünscht ist. Ein Mehr an Eigenverantwortlichkeit kann jedoch – vor allem zu Beginn – auch zu mehr Fehlern führen. Dementsprechend wichtig sind eine Fehlerkultur, in der Vertrauen, aber auch Befähigung eine große Rolle spielen, sowie die Bereitschaft, Fehler zu analysieren und daraus zu lernen.

 

4. IT-Infrastruktur, die mithalten kann

Agile Arbeitsmethoden, wechselnde Projektteams, ortsunabhängiges Arbeiten oder Arbeiten zu flexiblen Zeiten setzen natürlich auch eine IT-Infrastruktur voraus, die bei all dem mithalten kann. Das umfasst selbstverständlich eigene Handys und Laptops für die Mitarbeiter, aber auch die Möglichkeit, von überall aus zuverlässig miteinander kommunizieren und auf wichtige Daten und Informationen zugreifen zu können. Dafür sind passende Tools und eine passende IT-Architektur erforderlich. 


5. Büroarchitektur, die mithalten kann

Ja, auch das Büro als solches sollte mit der neuen Arbeit mithalten können. Nicht vergessen: New Work bedeutet die Freiheit, von zuhause aus zu arbeiten, viele Arbeitnehmer wollen aber dennoch zwischendurch im Büro in Präsenz arbeiten. Wie viele gute Ideen entstehen an der Kaffeemaschine? Und wie sollen sich neue Mitarbeiter aus der Ferne in die ‚Corporate Fabric‘ einfügen, in den Stoff, aus dem die Unternehmen sind? Arbeits- und Unternehmenskultur ausschließlich im Slack-Channel zu erfahren, kann schwierig sein und erfordert weitere Maßnahmen, um Austausch unter den Mitarbeitenden zu schaffen. Dann sollte das Büro aber bereit sein für agile Arbeit: Wenn sich Projektteams teils nur für einige wenige Tage neu gruppieren, benötigen sie auch den Raum, um das tun zu können. Wenn zwei oder drei Kollegen einmal einen Ort benötigen, um kurz ein spezifisches Problem in Ruhe besprechen zu können, sollte es diesen Ort geben. New-Work-Büros sollten generell so gestaltet und eingerichtet werden, dass die Erfüllung – der Sinn, den wir in der neuen Arbeit suchen – dort auch erlebbar wird und wir unsere Zeit in diesen Räumlichkeiten genießen können. Das schließt offene Flächen für die, die sie suchen und ruhige, private Zonen für die, die sie benötigen, ein.

 

3 Beispiele für gelungene New-Work-Konzepte

Wenn es um New Work geht, geht es immer auch um Flexibilität, Wandlungsfähigkeit und Transformation – angesichts der ephemeren Natur dieser Begriffsfelder kann es durchaus schwierig sein, sich überhaupt greifbare New-Work-Konzepte vorzustellen. Das ist nur allzu verständlich, weshalb wir kurz drei besonders gelungene New-Work-Beispiele vorstellen möchten, die diesen Ansatz hoffentlich greifbarer machen.

 

1. Change Management mit dem Transformationsteam Willich

Das Transformationsteam Willich ist einer der Gewinner des „New Work Award 2022“, welcher vom Berufsnetzwerk Xing vergeben wird. Das Team setzt sich aus Mitarbeitern des Kunststoffherstellers Saint-Gobain PPL Pampus zusammen. Seit knapp sieben Jahren arbeitet das Unternehmen daran, starre Abteilungen aufzulösen und in „kleinere, crossfunktionale Teams mit klarem Kundenfokus“ zu überführen. Die so entstehenden, kleineren Teams sollen dazu befähigt werden, alle relevanten Entscheidungen im Tagesgeschäft selbstständig zu treffen.

Dabei wurde jedoch klar, dass Konzepte wie flache Hierarchien und selbstorganisierte Teams zwar gute Ideen sind, die jedoch viele Mitarbeiter „im Innersten treffen“ und ihr Selbstverständnis in Frage stellen. Um nun diese geplante Transformation dennoch erfolgreich durchführen zu können, entwickelte sich bei Saint-Gobain ein selbstorganisiertes, fachlich diverses Team, das sich einzig und allein mit der Transformation des Unternehmens befasst und jedes selbstorganisierte Team so unterstützen und begleiten kann, wie es die Umstände gerade erfordern. Ein Schwerpunkt des Transformationsteams: „Arbeit im Bereich Personal Leadership (Innere Arbeit) als Voraussetzung für nahezu alles andere“ – aber auch agile Arbeitsmethoden, Customer und Colleague Journey Mapping, Mindfulness und Team-Coachings sind Bestandteil der Anstrengungen des Transformationsteams.

 

2. New Work in Architektur und Geometrie

Ebenfalls Gewinner des New Work Awards 2022: Der deutsche Bio-Lebensmittelriese Alnatura. Alnatura hat den Award für sein eigens entwickeltes Konzept „Kollegiale Zusammenarbeit“ erhalten. Mit der Umsetzung des Konzepts erhofft sich Alnatura, eine überzeugende Antwort auf die Frage „Warum und wofür arbeiten wir?“ zu erhalten. An dieser Stelle wollen wir jedoch nicht auf das Konzept „Kollegiale Zusammenarbeit“ und die dazugehörigen Grundlagendokumente eingehen, sondern auf die Frage, wie Alnatura diese Bestrebungen mit der Architektur seiner Unternehmenszentrale unterstützt:

Auf einem ehemaligen Kasernengelände im Südwesten Darmstadts hat Alnatura einen eigenen Campus errichtet. Das Gelände umfasst 55.000 Quadratmeter – Herzstück ist die „Alnatura Arbeitswelt“, das europaweit größte Bürogebäude, dessen Außenfassade aus Lehm besteht. Die Arbeitswelt wird ganzjährig über einen Erdkanal, der aus dem angrenzenden Wald in das Gebäude geleitet wird, mit Frischluft versorgt. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach deckt einen Teil des Strombedarfs, eine Regenwasser-Zisterne einen Teil des Wasserbedarfs. Alle Arbeitsplätze befinden sich in einem offenen Raum, der von einer sehr guten Tageslichtausbeute profitiert; die Mitarbeiter belegen ihre Sitzplätze flexibel. Die Arbeitswelt ist für 500 Mitarbeiter konzipiert, dank der flexiblen Auslegung genügen dafür 430 ausgestattete Arbeitsplätze. Für Besprechungen, vertrauliche Gespräche und Phasen tiefer Konzentrationen gibt es Konferenzräume und Teeküchen, aber auch kleine Alkoven und separate Sitzgruppen. Ein spezielles Akustikkonzept macht konzentriertes Arbeiten trotz des offenen Raums möglich. Neben dem eigentlichen Unternehmenssitz umfasst der Alnatura Campus zudem einen öffentlichen Waldorfkindergarten, ein vegetarisches Restaurant sowie zahlreiche Erlebnisgärten – Stichwörter Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

 

3. Rollentausch bei BMW

Auch die Digitalisierungsoffensive 2019 der BMW Group beinhaltete New-Work-Elemente. Besonders erwähnenswert ist dabei wohl der Umgang mit den Digital Natives der Generation Z, die als Auszubildende, Studenten und Neueinsteiger bei BMW tätig sind: Im sogenannten „Reverse Mentoring“ unterstützten die BMW-Nachwuchskräfte als Change Agents ihre erfahreneren Kollegen bei agilem Projektmanagement, beim Einsatz digitaler Kollaborationsplattformen und bei der Nutzung sozialer Netzwerke. Diese Umkehr klassischer Erwartungshaltungen – junge Lehrer, ältere Schüler – ist nicht nur ein leicht fassbares Beispiel für das Aufbrechen starrer Prozesse, sondern hilft dem Unternehmen auch dabei, Wertschätzung gegenüber den Nachwuchsmitarbeitern auszudrücken und diese in die täglichen Arbeitsprozesse einzubinden. Wohl unter anderem deshalb erhielt BMW im selben Jahr fünf von fünf Sternen in der Kategorie „Ausbildung“ und „Duales Studium“ im Rahmen der Capital-Studie „Deutschlands beste Arbeitgeber“.

 

Fazit

New Work ist als Thema hochaktuell, als Begriff jedoch vielmehr die kluge Prognose eines Sozialphilosophen darüber, wie Arbeit in Zukunft gestaltet werden könnte oder gar sollte. Die Umsetzung des Konzepts New Work in einem Unternehmen ist allerdings eine vielschichtige, komplexe Aufgabe, die sich in einem Spannungsfeld aus zeitlichen, wirtschaftlichen und personellen Kapazitäten bewegt. Fest steht: New Work kann ohne New Leadership kaum funktionieren. Neue Arbeitsmethoden, eine zeitgemäße IT-Infrastruktur und neue Raumkonzepte sollten, wenngleich sie genau so eine wichtige Rolle spielen, bestenfalls nachgelagert werden.

Wie so häufig ist das alles aber auch leichter gesagt als getan. Einfacher fällt die Umsetzung neuer Konzepte mithilfe einer tiefergehenden theoretischen Grundlage und einiger praxisbezogener Beispiele. Hier setzt unser Seminar zum Thema Leadership Branding an:

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