„Der Ton macht die Musik“, sagt man – der Ton macht aber auch die Marke. Eine einheitliche Markenstimme und einen Tonfall für Ihr Unternehmen festzulegen, bringt mehr Vorteile mit sich als bloße Einheitlichkeit. Wir erklären, was man unter dem Tone of Voice im Marketing eigentlich versteht, wie sich die Markenstimme von -tonfall unterscheidet – und wie auch Sie Ihrem Unternehmen eine Stimme verleihen.
Wenn Sie sich eine Person aus Ihrem Bekannten- oder Kollegenkreis vorstellen, stellen Sie sich dann nur das Aussehen dieser Person vor? Oder denken sie auch an ihre Stimme, ihren Tonfall, die Dinge, die sie sagt und die Persönlichkeit, die dahintersteckt?
Mit Unternehmen ist es ähnlich: Frei nach Paul Watzlawick kommen auch Unternehmen nicht umhin, mit ihrer Umwelt zu kommunizieren. Das gilt für alle Organisationen und Unternehmen gleichermaßen, was in Zeiten der Massenmedien allerdings zu einer Art kommunikativem Grundrauschen führt. Um in diesem geschäftigen Treiben aufzufallen, muss man sicherlich nicht schreien – aber eine klare, vertrauenswürdige, einheitliche Stimme hilft Ihrem Unternehmen dabei, sich von der Konkurrenz abzuheben und sorgt für eine stärkere Kundenbindung. Man spricht in dieser Hinsicht vom Tone of Voice.
Was ist der Tone of Voice im Marketing?
Tone of Voice bedeutet auf Deutsch so viel wie Tonfall – und das beschreibt auch schon ganz gut, worum es hier geht: Die Tonalität, mit der Ihr Unternehmen mit seinem Publikum kommuniziert.
Wir müssen hier allerdings etwas differenzieren: Im englischen Sprachraum spricht man in normalerweise von der Brand Voice (Markenstimme) und dem Brand Tone (Markentonalität). Beide Begriffe beschreiben zwei Aspekte der Markenkommunikation:
- Die Markenstimme (Brand Voice) beschreibt das Was: Was sagt Ihre Marke, über welche Themen spricht sie?
- Die Markentonalität (Brand Tone, Tone of Voice) beschreibt das Wie: Wie spricht Ihre Marke über diese Dinge? Eher persönlich oder eher distanziert? Eher ernst oder eher lustig? Eher auf Augenhöhe oder eher autoritär-belehrend? Welche Worte wählt Ihre Marke dafür und wie sind die Sätze aufgebaut?
Für die Standardisierung der Kommunikation im Rahmen des Content Marketings ist es unerlässlich, eine eigene Markenstimme und -tonalität zu entwickeln. Aus gutem Grund: Die zielgruppenspezifische Kommunikation ist einer der wichtigsten Pfeiler im Content Marketing – und wie die Bezeichnung schon durscheinen lässt, geht es hier um eine spezifische Art zu kommunizieren. Das bedeutet nicht, dass Sie nur einen einzigen Tone of Voice definieren können. Sie können sich sehr wohl in unterschiedlichen Tonalitäten an unterschiedliche Zielgruppen oder Personas wenden – dafür müssen aber bestimmte Standards festgelegt werden, wenn der Tone of Voice auch Ausdruck für Ihre Markenidentität sein soll.
Welche Brand Voice und welcher Brand Tone sind die richtigen für mein Unternehmen?
Welche Markenstimme und welche Tonalität nun die richtigen sind, kommt natürlich ganz auf Ihr Unternehmen an. Bei der Entwicklung der Markenstimme gibt es aber Leitplanken, die Sie in der Spur halten:
Markenstimme: Anhand der Unternehmenswerte
Die Stimme einer Marke sollte aus den Unternehmenswerten abgeleitet sein und mit ihr in Einklang stehen. Wenn Sie sich unsicher sind, was die wichtigsten Werte und der Daseinszweck Ihres Unternehmens, der Corporate Purpose, eigentlich sind, sollten Sie zunächst einen Schritt zurücktreten und das große Ganze betrachten: Wie ein Corporate Purpose Ihre Marke pusht
Tone of Voice: Anhand der Zielgruppe
Je nach Zielgruppe oder Buyers Persona, die Sie ansprechen möchten, sollten Sie einen bestimmten Ton anschlagen. Wie das konkret aussehen kann, entscheidet der Einzelfall – aber: Wer sich zum Beispiel mit Lifestyle-Produkten vor allem an trendbewusste Menschen unter 35 Jahren wendet, kann beispielsweise gerne duzen, ein bisschen frech sein oder umgangssprachlich kommunizieren. Wer sich als Unternehmensberatung an das Topmanagement wendet, ist hingegen mit einer professionell-distanzierten, informierten Sprache besser beraten.
Nicht zwingend anhand der Branche
Es gibt die weitläufige Annahme, dass Markenstimme und -tonalität immer anhand der betreffenden Branche, des zu vermarktenden Produkts oder der Dienstleistung definiert werden sollte. Das stimmt so nicht und es gibt einige sehr erfolgreiche Beispiele, die diese Annahme widerlegen:
- Der Smoothiehersteller true fruits wäre beispielsweise sicherlich nicht so bekannt und beliebt, wenn er nicht mit einer frechen, bisweilen regelrecht provokanten Markentonalität daherkäme.
- Old Spice ist eigentlich ein altehrwürdiges, herbes Herrendeodorant (gegründet 1937!) – von angestaubter, konservativ-maskuliner Tonalität ist hier aber keine Spur: Stattdessen ist Old Spice mit seinen TV-Spots, seiner Social-Media-Kommunikation und zahlreichen Werbekampagnen für seinen Humor und seine bisweilen fast schon surreale Werbung bekannt.
- Mit Geld spielt man nicht – mit Sprache aber schon: Die deutsche Direktbank N26 machte vom Fleck weg in einem hart umkämpften Markt auf sich aufmerksam. Unter anderem mit einer für Banken ziemlich frischen Sprache: Auf den N26-Plakaten hieß es beispielsweise „Bankfilialen sind soooo 90er“, „Deine Bank verarscht dich“, oder „Die erste Bank, die du lieben wirst.“
Sie sehen: Entscheidend für eine glaubwürdige, einzigartige Markenstimme sollten vor allem die Unternehmenswerte, der Corporate Purpose und die anvisierten Zielgruppe(n) sein. Über alle Kommunikationskanäle und Zielgruppen hinweg sollte die Markenstimme (Brand Voice, das Was) zwar gleich bleiben, die Tonalität kann sich je nach Zielgruppe aber geringfügig ändern.
Die Vorteile: Darum benötigt Ihre Marke einen eigenen Tone of Voice
„So viel Arbeit, nur um zu entscheiden, ob wir duzen oder siezen“, mag der geneigte Leser sich jetzt vielleicht denken. Eine Markenstimme ist aber viel mehr als das: Stellen Sie sich Marketing im Allgemeinen und Content Marketing im Speziellen wie eine Konversation vor, die Sie mit Ihren Kunden und Mitarbeitern führen. Es gibt heute sehr viel mehr Touchpoints, an denen Unternehmen mit Menschen in Kontakt treten, als noch vor 20 Jahren: Websites, Social-Media-Kanäle, Support-Chats, Newsletter und E-Mails, Apps…
Eine Markenstimme, die sich durch alle Kommunikationskanäle zieht und eine Geschichte zu erzählen hat, bringt hier wichtige Chancen mit sich:
Sie macht Ihre Marke (wieder-)erkennbar.
Was wir wiedererkennen, ist uns vertraut. Das gilt für alle Facetten des menschlichen Lebens, auch für Unternehmen und Marken. Der wohl wichtigste Faktor bei der Steigerung des Wiedererkennungswerts ist Einheitlichkeit und Regelmäßigkeit – nicht nur im Logo, sondern auch in der schriftlichen und mündlichen Kommunikation. Dieser Wiedererkennungswert steigert die Kundenbindung und festigt das Vertrauen in Ihre Marke.
Sie formt die Wahrnehmung Ihrer Marke.
Eine eigene Markenstimme und ein passender Tone of Voice haben einen großen Einfluss darauf, wie man Ihre Marke wahrnimmt. Sie möchten sich mit Ihren Produkten als zuverlässiger, ernsthafter und lösungsorientierter Anbieter auf dem Markt positionieren? Sie sind fleißig im Bereich Umwelt- und Klimaschutz tätig, aber bisher bekommt das niemand so recht mit? Sie möchten als empathischer, einfühlsamer und nahbarer Dienstleister wahrgenommen werden? Ihre Markenstimme und -tonalität sind zentrale Elemente bei der Erreichung dieser Ziele.
Sie kann den Umsatz steigern.
Um sich in hart umkämpften Märkten von Wettbewerbern abzuheben, die allenfalls durch Gleichförmigkeit auffallen, ist eine einzigartige Markenstimme eine patente Lösung. Das wiederum kann sich auch im Umsatz niederschlagen – so zum Beispiel beim oben genannten Smoothiehersteller: Ob true fruits wohl ohne den aufmerksamkeitserregenden, einzigartigen Content trotzdem so bekannt und erfolgreich wäre? Der Software-Anbieter Lucidpress kam im Rahmen seines Brand Consistency Report 2021 sogar zu dem Ergebnis, dass Brand Consistency, also eine möglichst große Einheitlichkeit in der Markenpräsentation, ziemlich zuverlässig zu mehr Umsatz führt: 32 Prozent der Befragten gaben an, dass verbesserte Markenkonsistenz zu einem Umsatzwachstum von 20 Prozent oder mehr geführt habe; 35 Prozent gaben an, dass ihr Umsatz dabei um 10 bis 20 Prozent gewachsen sei; 21 Prozent der Befragten gaben immerhin eine Umsatzsteigerung um 5 bis 10 Prozent an.
Die 4 Dimensionen des Tone of Voice: So entwickeln Sie eine Markentonalität
Die Beschreibung von Tonalitäten ist – sowohl in literarischer Hinsicht als auch im Hinblick auf Marketing und Kommunikation – ein schwieriges, weil nicht standardisiertes Unterfangen. Letztlich stehen bei der präskriptiven und deskriptiven Beschreibung einer Tonalität extrem viele Adjektive zur Auswahl. Das macht es gerade für Einsteiger im Content Marketing aber nicht einfacher, eine eigene Markenstimme zu entwickeln.
Vor diesem Hintergrund hat das User-Experience-Unternehmen Nielsen Norman Group versucht, die wichtigsten Dimensionen des Tone of Voice im Marketing zu isolieren. Das spezifische Ziel dabei war es, mehrere Tonfall-Dimensionen zu entwickeln, mit der die Tonalität jeder beliebigen Website beschrieben werden kann. Den Anfang macht eine ausladende Liste von Tonalitätsbeschreibungen in der Literatur. Aus dieser Liste wurden die Wörter gestrichen, die im Rahmen einer Website bzw. des Content Marketings allgemein keine realistischen Ziele darstellen würden, wie beispielsweise "schuldig". Zu ähnliche Adjektive wie "optimistisch" und "fröhlich" wurden zusammengefasst. Wörter ohne offensichtliche Gegensätze, die sich nicht für die Verwendung in Dimensionen eignen, wurden ebenfalls gestrichen. Dazu gehören Adjektive wie beispielsweise "nostalgisch".
Übrig bleiben die vier wichtigsten Dimensionen der Markentonalität:
- Lustig vs. ernst: Wirkt der Text humorvoll oder ernst?
- Formell vs. zwanglos: Ist der Text eher formell oder eher informell? Hinweis: Die Verwendung von Umgangssprache ist keine Voraussetzung für eine informelle Tonalität, oft werden informelle Sprache und Umgangssprache aber in Kombination verwendet.
- Respektvoll vs. frech: Das Antonym zu ‚respektvoll‘ wäre streng genommen zwar ‚respektlos‘, doch diese Beschreibung passt nicht ganz. Die Frage ist stattdessen, ob der Autor bzw. der Text das zugrundeliegende Thema respektvoll oder frech behandelt. ‚Frech‘ bezieht sich hier also zumeist auf den Umgang mit dem Thema, nicht mit den Lesern. Ebenfalls wichtig: ‚Frech‘ bedeutet nicht automatisch ‚beleidigend‘.
- Enthusiastisch vs. sachlich: Spürt man im Text eine gewisse Begeisterung und Emotionalität für das Thema? Oder behandelt der Text das Thema eher sachlich-nüchtern?
Die Tonalität kann für jede dieser vier Dimensionen in eins der Extreme fallen, sie kann sich aber auch irgendwo zwischen den jeweiligen Extremen befinden. Die vier Dimensionen eignen sich außerdem nicht nur zur Beschreibung bereits bestehender Tonalitäten, sondern auch als Leitplanken für die Entwicklung einer eigenen Markentonalität.
Dabei sollten sich aus den Unternehmenswerten und dem Corporate Purpose die Markenstimme ergeben (thematische Ausrichtung, wichtigste Themen der Marke). Aus den vier Dimensionen der Markentonalität sollten sich auch Vokabular (Wortwahl) und Syntax (Satzbau und -länge) ergeben.
Jeder noch so kleine Fetzen Text kann entlang dieser vier Dimensionen angepasst werden und so teils dramatisch unterschiedlich auf den Leser wirken, während der Inhalt des Textes, also seine Botschaft, sich überhaupt nicht ändert. Ziehen wir die typische 404-Fehlermeldung auf einer Website als Beispiel heran:
Eine ernste, formelle, respektvolle und sachliche 404-Meldung könnte in etwa so klingen: „Die gesuchte Seite existiert nicht. Wir bitten um Verzeihung."
Verschieben wir nun eine der vier Dimensionen von formell in Richtung zwanglos, ändert sich der Ton, aber nicht der Inhalt: „Es tut uns leid, aber diese Seite gibt es nicht."
Ändern wir nun alle Dimensionen der Nachricht und versuchen, eine besonders humorvolle, informelle, freche und enthusiastische 404-Meldung daraus zu machen: „Ohje – du bist wohl falsch abgebogen! Sorry, aber diese Seite gibt’s nicht.“
Sie sehen: Die gleiche Nachricht, formuliert in drei unterschiedlichen Tonalitäten, kann auch drei völlig unterschiedliche Reaktionen und Gefühle beim Leser auslösen. Und hier reden wir bloß von der klassischen 404-Fehlermeldung.
Fazit
Wenn Sie bei Ihrer Zielgruppe Gehör finden möchten, müssen Sie den richtigen Ton anschlagen. Das Finden der eigenen Markenstimme und eines passenden Tone of Voice ist zwar anspruchsvoll – aber durchaus lohnenswert: Eine glaubwürdige Brand Voice und ein einzigartiger Brand Tone steigern die Bekanntheit Ihrer Marke, festigen die Bindung Ihrer Zielgruppe zu Ihrem Unternehmen und steigern das Vertrauen in Ihre Produkte und Services. Sie ermöglichen es Ihnen, die Wahrnehmung Ihrer Marke effektiv mitzugestalten und letztlich sogar, Ihren Umsatz zu steigern.
Um eine passende Markenstimme und -tonalität zu entwickeln, sollten Sie sich zunächst der Grundpfeiler Ihrer Markenidentität bewusst sein: Was sind Ihre Unternehmenswerte, Ihr Corporate Purpose und Ihr Markenversprechen? Entsprechend dieser Werte, Ziele und Versprechen können Sie eine passende Markenstimme erarbeiten – aus der Sie dann wiederum den Tone of Voice, die Markentonalität, ableiten können.
Wenn Sie sich noch unsicher sind, wie Sie beispielsweise aus Ihrer Zielgruppe eine Buyer Persona bilden, welche Fragen Ihre Zielgruppe umtreiben und welche Gestaltungs- und Kommunikationsmöglichkeiten Ihnen das Content Marketing in dieser Hinsicht bietet, legen wir Ihnen unsere Schreibwerkstatt ans Herz: Hier lernen Sie in kompakten Gruppen in einem ganztägigen Training, wie Sie punktgenau onlinegerechte, auf Ihre Zielgruppen und Ihre Marke zugeschnittene Texte schreiben – von der Headline bis zum Social-Media-Beitrag. Neugierig? Hier erfahren Sie mehr darüber: